Tränenwegstenosen bei Säuglingen

Bei angeborenen Verschlüssen der ableitenden Tränenwege – genauer des Tränen-Nasen-Kanals – durch eine verspätete Rückbildung einer kleinen Schleimhaut-Membran in diesem Gang (Hasner’sche Klappe oder Membran) – gehen die Empfehlungen und Verfahrensweisen oft weit auseinander. Die Herausforderung ist, im individuellen Fall den richtigen Zeitpunkt für aktives Eingreifen – Überdruckspülung und Sondierung – zu finden: Nicht zu früh, um der in den ersten Lebensmonaten häufig noch möglichen spontanen Öffnung eine Chance zu geben, aber auch nicht zu spät, um chronische eitrige Entzündungen der Tränenwege und in der Folge narbige Verengungen und Verschlüsse zu vermeiden.

Aus großen Beobachtungsserien gibt es sehr gute Anhaltspunkte:
• in 66 % kann man mit spontaner Öffnung bis zum 6. Monat rechnen, bis zum 9. Monat dann nochmal in weiteren etwa 9 %.
• nach dem 15. Lebensmonat sinkt die Erfolgsrate der Sondierung erheblich.

Deshalb verfahren wir so:
• solange die Symptomatik sich auf Tränenträufeln und wenig akute schleimige Entzündung beschränkt, warten wir bis zum 6. Monat ab und empfehlen Druckmassagen, um die spontane Eröffnung zu fördern. Wie das geht, zeigen wir den Eltern bei der Untersuchung.
• zwischen dem 6. und 9. Lebensmonat raten wir zur Sondierung.

Bei massiven eitrigen Entzündungen, insbesondere immer wiederkehrend oder durch Augentropfen nicht gut und prompt beherrschbar, sehen wir die Sondierung auch bereits ab etwa dem (3. bis) 4. Monat als angezeigt an.

Bei dieser Verfahrensweise war das Vorkommen erneuter Verschlüsse bei uns glücklicherweise äußerst gering.

Wenn betroffene Kinder erst später zu uns kommen, oft nach langfristig chronisch rezidivierenden eitrigen Tränenwegsentzündungen, sondieren wir ohne weiteres Abwarten. Die Wiederverschluss-Rate ist dann aber deutlich höher.

Verschließt sich ein eröffneter Kanal erneut, führen wir in der Regel nochmals eine Sondierung durch.

Wiederholt sich der Verschluss dann noch einmal, implantieren wir ein Silikonschläuchlein in den gesamten Tränenkanal, um ihn offenzuhalten und einen Wiederverschluss zu verhindern. Es verbleibt 4 - 6 Monate und verursacht – außer Tränenträufeln – keine Beschwerden für das Kind.

Mit diesem Stufenplan haben wir bisher weitergehende operative Rekanalisierungsoptionen vermeiden können.

Unsere Anästhesisten verfügen über höchste Qualifikation in der Anästhesie für Säuglinge und Kleinkinder. Deshalb bevorzugen wir im Zweifel die Durchführung in Narkose, jedenfalls ab dem 9. Lebensmonat. Bis zum 6. Lebensmonat kann die Sondierung in der Regel ohne Narkose erfolgen.

Weiterführende Informationen finden sie unter https://www.neuhann.de/angeborene-traenenwegsstenose/