Angeborene Tränenwegsstenose

Anatomie des Auges – Der Weg der Tränen

Anatomie der Tränenwege.

Die Tränendrüse, welche außen oben in der Augenhöhle über dem Augapfel liegt, sondert regelmäßig Tränenflüssigkeit ab. Diese wird durch den Lidschlag gleichmäßig über die Augenoberfläche verteilt und befeuchtet das Auge.

Im inneren Augenwinkel fließt die Tränenflüssigkeit dann über die ableitenden Tränenwege ab. Dabei gelangen die Tränen über die Tränenpünktchen am innersten Ende der Ober- und Unterlidkante in die Tränenkanälchen, die in den Tränensack münden. Von dort leitet der Tränennasengang (Tränennasenkanal oder kurz „Tränenkanal“) die Tränen in die Nase ab. Deswegen läuft z. B. auch die Nase, wenn man weint.

Woher kommt der Tränenkanalverschluss?

Verschluss der ableitenden Tränenwege durch die Hasner-Membran.

Während der Entwicklung des Kindes im Mutterleib sind die ableitenden Tränenwege zunächst noch von Gewebe ausgefüllt und werden erst vor der Geburt allmählich „kanalisiert“.

Nicht selten ist zum Zeitpunkt der Geburt das untere Ende des Tränennasenkanals noch nicht vollständig durchgängig, sondern durch Restgewebe am Übergang in die Nase verschlossen. Dieses Restgewebe überzieht die Öffnung des Kanals wie ein Häutchen und wird auch als Hasner’sche Klappe oder Membran bezeichnet. In aller Regel wird der Tränennasengang während der ersten Lebenswochen spontan, ohne irgendeine Maßnahme, durchgängig. Es wird nicht einmal bemerkt, dass der Körper die Kanalisierung mit geringer „Verspätung“ von selbst vollendet hat.

Manchmal bildet sich das Restgewebe aber nicht zurück, der Tränennasenkanal bleibt nach der Geburt verschlossen oder stark verengt. Durch diese Stenose (stenos ist das griechische Wort für „eng“) können die Tränen nicht über die Nase abfließen und stauen sich zurück.

Wozu führt der Tränenwegsverschluss?

Die Tränen bilden über der Unterlidkante einen Tränensee, bis sie aus dem Auge über die Lidkante und dann über die Wangen ablaufen. Das Auge tränt immer, auch wenn das Kind nicht weint. Weiterhin können die Tränen, welche nicht ablaufen können, im Lidwinkel und auf der Lidhaut eintrocknen und gelbliche Krusten bilden. Dies kann zu Reizungen der empfindlichen Babyhaut führen. Die Tränenflüssigkeit, die im Tränensack steht und nicht abfließen kann, ist aber auch ein idealer Nährboden für die allgegenwärtigen Bakterien: Feuchte Wärme und Nährstoffreichtum führt früher oder später zur eitrigen Entzündung im Tränensack.

Die ersten Symptome des Tränenwegsverschlusses, wie Tränenträufeln und schleimig-eitrige Absonderung im Bindehautsack werden meist in den ersten Wochen nach der Geburt auffällig.

Im weiteren Verlauf können sich schlimmstenfalls auch ein Tränensackabszess bis hin zu einer eitrigen Entzündung des gesamten umgebenden Gewebes (Phlegmone) entwickeln.

Was ist zu tun?

Tränenkanalmassage.

Da sich der Tränenkanal mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch im Laufe des ersten Lebensjahres von alleine öffnen kann, wird man vorerst zuwarten und versuchen durch regelmäßige, mehrfach tägliche Tränensackmassage die Eröffnung des Kanals zu fördern.
In manchen Fällen kann die Massage des Tränennasenkanals sehr effektiv sein und das Restgewebe an der Hasner’schen Klappe sprengen.
Zur Massage wird mit der Fingerbeere des kleinen oder des Zeigefingers vom inneren Lidwinkel unter sanftem – aber nicht zu leichtem! – Druck eine ausstreichende Bewegung zur Nase hin gemacht. Circa 10 solcher Massagebewegungen sollten 4 x täglich durchgeführt werden.

Lassen Sie sich diese Massagetechnik vom Augenarzt oder Kinderarzt zeigen!

Zeigen sich Zeichen einer Entzündung, wird man kurzfristig antibiotische und/oder abschwellende Augentropfen verabreichen, welche Kinderarzt oder Augenarzt verordnen. Die Augentropfen sollten aber niemals als Dauertherapie angewendet werden!
Schließlich kann mit einer Tränenwegssondierung der Verschluss im Bereich der Hasner’schen Membran überwunden werden.

Über den Zeitpunkt der Tränenwegsondierung gehen die Lehrmeinungen allerdings auseinander.

Wir empfehlen bei starken oder an Häufigkeit zunehmenden Beschwerden und wiederkehrenden Entzündungen des Tränensackes oder der Haut eine eventuell spontane Eröffnung des Tränenkanals bis zum ersten Lebensjahr nicht abzuwarten.
Bis zum ca. 6. Lebensmonat kann eine Tränenwegssondierung noch ohne Narkose erfolgen, da das Baby zur Ruhigstellung fest in ein Tuch eingewickelt wird.
Nach dem 6. Lebensmonat sind die Kinder meist schon „zu stark“, weshalb wir eine Sondierung in einer kurzen Maskennarkose (Larynx-Maske) empfehlen. Der Eingriff wird ambulant in unserem Haus durchgeführt.

Ist eine Eröffnung des Kanals mit dieser Methode nicht erfolgreich, was sehr selten vorkommt, kann eine Operation der Tränenwege notwendig werden.

Sollten Sie noch weitere Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich gerne an Frau Dr. med. E. Haindl-Mairhofer oder selbstverständlich auch die anderen ärztlichen Kollegen der Praxis.